Gedanken

Vom Stolpern und Fallen

Heute ist mein kleiner Sohn zweimal gefallen. Einmal ist er während des Essens mit einem Plastikgartenstuhl umgekippt und das zweite Mal ist er von der Essbank geplumpst. Bevor da Stimmen laut werden von wegen Vernachlässigung der Aufsichtspflicht: Erstens bin ich jedes Mal dabei gesessen (ich weiß, das macht die Sache nicht unbedingt besser….) und zweitens finde ich, dass das nun mal zum Großwerden dazugehört. Sie halten ja erstaunlich viel aus, die Zwerge!

Natürlich passieren solche Sachen nicht, ohne dass ich dazu Schlüsse zu meinem eigenen Stolpern und Fallen ziehe. 😉

Ja, bei meinem Sohn bin ich relativ relaxt. Er fällt hin und steht dann einfach wieder auf. Das gehört so dazu.

Im übertragenen Sinn finde ich dazu schon weniger Entspannung meinerseits. Ich hasse es, hinzufallen. Das meine ich nicht nur im buchstäblichen Sinn, sondern vor allem denke ich da ans Scheitern im übertragenen Sinn.

Und wenn ich mir da so auf die Schliche komme, dann entdecke ich, dass ich persönlich den Anspruch habe, alles möglichst gut zu machen (nichts Neues, oder, liebe Leser?) und auch stark zu sein.

Ich denke, dass da wieder meine Prägungen kräftig mitmischen. Ich habe irgendwie die Rolle der Starken übernommen und dann selbst irgendwann vergessen, dass das nur eine Rolle ist. Und nicht die Realität. Ja, in gewisser Hinsicht habe ich wohl tatsächlich eine Stärke entwickelt, die ich mir jetzt zu Nutze machen kann. Aber ich bin oft auch gar nicht so stark, wie ich glaube.

Das zeigt sich auch in so banalen (?) Situationen wie dem Laufen, wo ich lieber keuchend durchbeiße als mal ein Stück zu gehen… (Zumindest dann, wenn ich in Gesellschaft laufe. Allein hab ich das zwischenzeitliche Gehen auch schon hingekriegt.)

Aber noch schlimmer ist bei mir der Ehrgeiz in zwischenmenschlichen Angelegenheiten. Ich kann es einfach nicht ertragen, wenn ich meinen Kindern oder meinem Mann gegenüber Fehler mache. Noch dazu Fehler der immer wiederkehrenden Sorte meinerseits.

Und da ist mir nun aufgefallen, dass ich mich innerlich verkrampfe aus Angst vor dem nächsten (bestimmt wieder auftretenden) Fall. Ich habe Angst, wieder Fehler zu machen. Wieder zu verletzen.

Wo ich nun wieder bei dem anfangs erwähnten Beispiel wäre. Ja. Der Sohn fällt hin/runter/um. Vielleicht sogar mehr als einmal am Tag. Und ja, er wird es wieder tun. Beunruhigt mich das? Nein. (Solange es nicht aus dem Fenster des zweites Stocks ist.)

Das heißt: für mich als Mama ist die Tatsache beruhigend, dass dieses Stolpern und Fallen nicht weiter schlimm ist und abgesehen von ein paar unbedingt notwendigen Vorsichtsmaßnahmen (wie eben zB bei einem Fenster im zweiten Stock, einer Straße oder einem Swimmingpool – diese Aufzählung ist nicht abschließend zu verstehen…) nichts weiter braucht als einen entspannten Zugang dazu.

Weil das Fallen meist weniger schlimm ist als die Angst davor. Weil Stolpern und Fallen zum Leben dazugehört. Und weil mich eine ständige Angst vor irgendwelchen „UMfällen“ kaputt und ungenießbar macht.

In diesem Sinn will ich auch vor den übertragenen Stürzen nicht mehr so viel Angst haben. Auch und gerade wenn es um viel geht. Und einen entspannten Zugang zu meinem Scheitern finden. Weil Stolpern und Fallen nun mal zum Leben dazugehört.

Und weil auch ich jemanden an der Seite habe – so wie mein Sohn mich, der mir immer wieder aufhilft. Mich tröstet. Und Mut macht zum Weitergehen. Ja, vielleicht sogar Mut macht zum weiter Stolpern und Fallen.

Ich weiß, ein verwegener Gedanke. 😉

 

Eine Antwort auf „Vom Stolpern und Fallen

  1. Mit fallen da zweierlei Dinge ein. Zum einen habe ich einem Mann zu Hause der so wie du Angst vorm Stolpern und Fallen hat und zu übertriebenem Perfektionismus neigt.
    Ich bin allerdings mit dem Leitsatz aufgewachsen, jeder hat das Recht sich zu blamieren und das so gut er kann!

    Eine explosive Mischung wenn Sohnemann dann neben meinem Mann und mir stolpert/fällt
    kannst du nicht aufpassen, Verletzung der Aufsichtspflicht, das darf nicht passieren usw. Versus ist ja nicht so schlimm, so lernt er dass gewisse Hindernisse da sind und wird aufmersamer, fallen gehört dazu usw.

    Wichtig ist es passiert nichts schlimmes und jedem Versagen folgt ein Trost und Aufmunterung dann ist Fallen ein wichtiger Bestandteil des Lebens und wir können daran wachsen!

    Somit, auf das nächste Tief, denn dann geht’s sicher wieder bergauf. Denn ohne die Höhen und Tiefen wäre es doch verdammt langweilig, oder??

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